OLG Brandenburg, Urteil vom 22.12.2014, 6 U 142/13
Das Praxisproblem
Wie läßt sich Werbung platzieren, dass sie von der Zielgruppe möglichst exklusiv wahrgenommen wird und nicht hinter der Werbung von Wettbewerbern zurücksteht?
Die Herausgebenrin eines Anzeigenblattes hatte hierzu einen Aufkleber mit dem Text „Bitte keine einzelnen Werbeprospekte und kostenlosen Zeitungen zustellen. Nur …“ entworfen. Dieser sollte von den eigenen Kunden auf den Briefkasten geklebt werden.
Hiergegen wendete sich die Inhaberin einer anderen Anzeigenzeitschrift und machte geltend, der Aufkleber sei unlauter und verstosse gegen das Wettbewerbsrecht. Zu Recht?
Die Entscheidung
Der Sachverhalt lag dem OLG Brandenburg in zweiter Instanz zur Entscheidung vor. Die Klägerin argumentierte, das verteilen der Aufkleber stellt eine gezielte Behinderung von ihr als Wettbewerberin im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG dar und sei damit eine unlautere geschäftliche Handlung. Die Beklagte fördere ihr eigenes Produkt nicht durch Mittel des Leistungswettbewerbs, sondern alleine durch die Reduktion der Absatzmöglichkeiten von ihr als Mitbewerberin.
Sie habe keine andere realistische Möglichkeit eines Zuganges zu den Endkunden. Es sei beispielsweise unrealistisch sie darauf zu verweisen, sie könne ihre Werbezeitschriften doch an öffentlichen Orten oder in Geschäften, Cafés oder Tankstellen auslegen. Dieses würde von den Endkunden nicht akzeptiert.
Durch den von der Beklagten verteilten Aufkleber würde der Klägerin zu dem der Zugang zu ihren eigentlichen Kunden, den Werbung schaltenden Unternehmen, in unlauterer Weise verwehrt. Für diese Unternehmen sei alleine entscheident, welche Reichweite die Anzeigenzeitschriften aufweisen würden.
Die Beklagte argumentierte, sie habe lediglich auf den Wunsch ihrer Leser reagiert, im Briefkasten Ordnung zu schaffen. Der Aufkleber sei zudem eine Werbemaßnahme für die eigene Anzeigezeitschrift. Eine sich aus dem Aufkleber ergebende Sperrwirkung für die von der Klägerin herausgegebene Zeitschrift sei lediglich ein wettbewerbsrechtlich zulässiger Reflex.
Sowohl das erstinstanzliche Landgericht Frankfurt (Oder) als auch das OLG Brandenburg folgten der Argumentation der Klägerin und gaben der Klage in vollem Umfang statt. Hierbei betonte das Oberlandesgericht ausdrücklich, dass es nicht darauf ankommt, wie viele der Aufkleber tatsächlich verwendet, also auf Briefkästen aufgeklebt worden sind. Alleine die abstrakte Eignung einer geschäftlichen Handlung zur Behinderung eines Mitbewerbers ist ausreichend, um die Werbemaßnahme als unlauter zu qualifizieren.
Die Behinderung sei auch zielgerichtet, weil der beeinträchtigte Mitbewerber seine Leistung am Markt nicht mehr durch eigene Anstrengung in angemessener Weise zur Geltung bringen könne. Der Leistungswettbewerb sei durch die Verhinderung des Zuganges zum Endkunden gerade ausgeschaltet worden.
Die Praxisempfehlung
Prüfen Sie bei Werbemaßnahmen auch, ob diese abstrakt dazu geeignet ist, Wettbewerber gezielt zu behindern. Lassen Sie sich in Zweifelsfällen durch einen Fachwanwalt für gewerblichen Rechtsschutz beraten.
Wir stehen Ihnen gerne jederzeit beratend zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!
Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Dr. Thorsten Olav Lau, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz